Namen und Identitäten
14. Dezember 2008
Workshop, 14.-15. Dezember 2008
mit einem Vortrag von Christiane Klapisch-Zuber
„Namenswechsel in der spätmittelalterlichen Toscana“
13. Dezember 2008
über den Vortrag
Auf die Frage ‚Wer bist du?’, reagieren wir gemeinhin, indem wir unseren Namen nennen. Nichts scheint enger mit unserer Person verwoben zu sein als eben dieser unserer Name. In der westlichen Welt ist damit zumeist der Vorname, und seit dem 14. Jahrhundert immer häufiger auch der Nachname gemeint, die uns gemeinsam als das ausweisen, was wir sind.
Über die „Geburt“ des Nachnamens wurde viel spekuliert. Es scheint, als sei er mit der Auflösung der feudalen Welt und der Entstehung des bürgerlichen Subjekts verbunden. Und doch haben wir diese Namen in den seltensten Fällen selbst ausgewählt; meist bekommen wir sie von andern, den Paten, dem Ehepartner, den Verwandten, den Nachbarn und anderen Institutionen zugewiesen. Bei dieser Zuweisung spielt das Geschlecht eine zentrale Rolle – und dies seit der Schöpfungsgeschichte. Das Wesen, das Gott aus Adams Rippen schuf, hatte weder ein Geschlecht, noch einen Namen. In Genesis 2, 18 heißt es, es sei nicht gut, wenn der Mensch alleine sei: non est bonum hominem solum esse. So sprach Gott, „wir wollen ihm eine Hilfe – ein adiutorium – machen, das ihm ähnlich sei (simile sibi).“ Der Sündefall erst machte diese Hilfe zu der Frau, der Adam nach dem Sündefall den Namen Eva verlieh (Genesis 3, 20):
„Und Adam nannte sein Weib Eva; denn sie wurde die Mutter aller, die da leben.“
Namen mögen ursprünglich mit Bedacht oder aus Zuneigung gewählt und nicht nur Menschen, sondern auch Objekten und Tieren gegeben werden. Auch vermenschlichen sie nicht nur Hund und Katze; sie erheben auch Dinge wie Kanonen und Panzer in Stand menschenähnlicher Subjekte. Die Grenzen zwischen Menschen und Dingen können sehr beweglich sein. Dies zeigt sich, umgekehrt, auch, wenn Menschen mittels Namens verdinglicht oder Menschen den Namen entzogen wird. Umbenennungen sind in Geschichte und Gegenwart häufig mit ‚Macht’ verbunden. In dieser Geschichte wäre die damnatio memoriae gleichwohl nur eine, wenngleich die radikalste Art des Herrschens mit Namen. Ambivalenz beherrscht demnach das breite Feld der Namenspraktiken, deren Erforschung in zwei Lager gespalten ist, die insgesamt wenig Berührungspunkte unter einander aufweisen.
Diesem ambivalenten Bezug zwischen Namen und Identitäten ist der Workshop gewidmet, der vom 14. bis 15. Dezember in den Räumlichkeiten des Stadtarchivs Konstanz stattfinden wird. Es diskutieren Experten aus Belgien, Frankreich, Israel, Italien und der Schweiz.
Workshop
14.-15. Dezember 2008
Stadtarchiv Konstanz, Benediktinerplatz 5, 78467 Konstanz
Vortrag
Christiane Klapisch-Zuber (em.) war Forschungsdirektorin für mittelalterliche Geschichte an der École des Hautes Études en Sciences sociales in Paris. Ihre Arbeiten zu den Namenspraktiken im spätmittelalterlichen Florenz sind für die internationale Forschung bis heute richtungsweisend. 2000 ist beim renommierten Pariser Verlag in Paris „L’ombre des ancêtres: essai sur l’imaginaire médiéval de la parenté“ erschienen. Die deutsche Übersetzung trägt den etwas glanzlosen Titel „Stammbäume: eine illustrierte Geschichte der Ahnenkunde“ (München: Knesebeck, 2004).
Rund zehn Jahre zuvor ist beim Campus-Verlag auf deutsch die Aufsatzsammlung „Das Haus, der Name, der Brautschatz. Strategien und Rituale im gesellschaftlichen Leben der Renaissance“ erschienen (französische Original datiert aus dem Jahr 1990). Christiane Klapitsch-Zuber zeichnete für den Band 2 der Geschichte der Frauen verantwortlich (1993) und arbeitete an vielen anderen französischen Großprojekten zur Geschichte der Familie und des „privaten Lebens“ mit.
Zu einem Monument moderner Sozialgeschichte schließlich machte sie das franco-amerikanische Gemeinschaftswerk, das sie 1978 zusammen mit David Herlihy über das Florentiner Castasto von 1427 vorlegte.
Christiane Klapisch-Zuber wir am 13. Dezember im Stadtarchiv Konstanz über den Namenswechsel in der spätmittelalterlichen Toscana sprechen.
Vortrag Christiane Klapisch-Zuber
13. Dezember 2008
Stadtarchiv Konstanz, Benediktinerplatz 5, 78467 Konstanz
Organisation
Christoph Rolker und Gabriela Signori, Fachbereich Geschichte und Soziologie